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Geschichte des FV 1893 Ravensburg e.V.

I  Ravensburg um 1893

Der FV 1893 Ravensburg e.V. gehört zu den ältesten reinen Fußballvereinen in Deutschland. Mit dem VfB Stuttgart, dem VfB Leipzig und Altona 93 Hamburg konnte der Traditionsverein 1993 sein 100jähriges Jubiläum feiern.

Im Gründungsjahr 1893 besaß Ravensburg ca. 13 000 Einwohner. Die dominierende politische Kraft in Ravensburg wie im gesamten Oberschwaben war die katholische Zentrumspartei; in Ravensburg wurde 1895 in Anwesenheit von über 5000 Personen der Landesverband der württembergischen Zentrumspartei gegründet.
Die Jahre zwischen 1893 und 1913/14 waren geprägt von einer langsam verlaufenden Wachstumsphase. Die Ravensburger Industrie war überwiegend mittelständisch geprägt. Zwischen 1890 und 1900 wurden die Brauerei Leibinger (1894, aber ältere Wurzeln), Tekrumwerk (1897), Gardinenfabrik Merz (1899) und Mühlenbau Waeschle (1900) gegründet. Aufgegeben werden musste die einst bedeutende Flachsverarbeitung bei der Firma Gebr. Spohn. Die nach der Zahl der Beschäftigten größten Ravensburger Betriebe waren die Jute – Spinnerei Spohn (280 Arbeitskräfte), Escher-Wyss (265), Pinselfabrik Sterkel (200), Maschinenfabrik Honer (110).

1890 war in Ravensburg die erste offizielle Gewerkschaftsgründung durch die zahlenmäßig stärkste Arbeitergruppe der Metallarbeiter zustande gekommen. Bedeutsam in Ravensburg war auch der 1895 gegründete Katholische Arbeiter – und der 1896 gegründete Katholische Arbeiterinnenverein. Bedeutsam für Wirtschaft und Verkehrswesen waren die Eröffnung der Reischsbanknebenstelle (1892), das große Postamt (1892/93 neben dem Bahnhof) und die Eröffnung einer Telefonanstalt (1893) mit zunächst 50 Teilnehmern.

Eine Vielzahl von Vereinen prägten das soziale und gesellschaftliche Leben der Stadt, darunter die katholischen Vereine: der Arbeiterbildungsverein mit eigenem Turnclub und Schützenverein, der katholische Männerverein und der katholische Lehrlingsverein. Es gab gewerbliche Vereine wie den „Handels – und Gewerbeverein“ oder den Wirteverein; nationaler und teilweise auch militaristischer Prägung waren der „Kriegerverein“ (1893: 108 Mitglieder), der „Militär – Verein“ und der „Veteranenverein“.

An Sportvereinen sind zu nennen: Turnverein (1893: 265 Mitglieder) und der Radfahrerverein.
Ins Leben gerufen wurde 1893 der Fußballverein von Gymnasiallehrer Groß, zusammen mit 21 Schülern.

II  Geschichte des FV 1893 Ravensburg e.V. von 1893 bis 1945

Hatten in England Kneipen, Betriebe, Wohnviertel, Schulen, Universitäten, Arbeitervereine und Kirchengemeinden zur Gründung von Fußballvereinen beigetragen, waren es in Ravensburg „Bürgersöhne“, die 1893 den „Fussball – Club Ravensburg“ gründeten. Dazu angeregt worden waren sie von ihrem Lehrer Groß, der das Fußballspiel während eines Aufenthaltes in England kennengelernt hatte. Einen enormen Aufschwung erlebte der Fußballsport in Ravensburg, als 1907 neben dem „Fußball – Club Ravensburg“ der „Fußball – Club Rauenegg“ entstand.

Bereits 1908/09 kam es zur Fusion der beiden Vereine im „Fußball – Club Ravensburg“. Der Verein nahm sogleich an der Verbandsrunde der „Bodensee – Fußball – Vereinigung“ zusammen mit dem FC Konstanz sowie Vereinen aus der Schweiz (FC St. Gallen, FC St. Gallen – Brühl, Kreuzlingen, Romanshorn, Amriswil) und Österreich (FC Lustenau) teil. Im Jahr 1911 bildete sich schließlich unter der Leitung des Kaufmannes Albert Halmer der Ravensburger Fußball – Verein, der ein Jahr später Meister der Bodensee – Liga wurde.

Nach der Unterbrechung des Spielbetriebes durch den 1. Weltkrieg bildete sich im Sommer 1918 unter Franz Kleiser und Alfred Möhrle der FV Ravensburg mit Schülern der Oberschule und aus dem Krieg zurückgekehrten Soldaten neu, und von diesem Zeitpunkt an hat der Verein seinen Namen „Fußball – Verein 1893 e.V.“ beibehalten. Das Spielfeld Wiesental wurde am 27. Juli 1919 eingeweiht mit einer Begegnung gegen die „Liga – Reserve – Mannschaft des Vereins für Bewegungsspiele Stuttgart“ vor über 2000 Zuschauern. In den Jahren 1925/26 und 1926/27 wurde der FV Ravensburg Abteilungsmeister, 1927/28 Gaumeister. 1931 erfolgte der Aufstieg in die „Bodensee – Vorarlberg – Liga“. Ab 1933 gehörte der FV 1893 Ravensburg der neu gegründeten „Schwarzwald – Bodensee – Liga“ an.

Die bewährte internationale Zusammenarbeit wurde wenig später von den Nationalsozialisten beendet. Ihr Einfluss hielt sich im Verein in Grenzen. Die Jugendabteilung des FV Ravensburg gehörte der Hitlerjugend (HJ) an, einige Mitarbeiter des Vereins taten sich mit ihrem Engagement in der Partei hervor, doch blieb der Verein im Großen und Ganzen vor Auswüchsen bewahrt und in seiner Struktur als Ravensburger Traditionsverein erhalten. Sportlich erfolgreich war für den FV Ravensburg zwischen 1938 und 1940 vor allem die A – Jugend – Mannschaft, die zweimal Oberschwäbischer Meister wurde.

III   Die Geschichte des FV 1893 Ravensburg von 1945 bis 1993

Bereits im Herbst 1945 nahmen eine Reihe älterer Spieler und die Vereinsfunktionäre Kurt Eppler, Stefan Strubel, Carl Stoll und andere Mitarbeiter den Spielbetrieb unter den schwierigen Bedingungen des
Gouvernement Militaire Ravensburg (Seestraße 32) wieder auf, zunächst im Stadion in Weingarten, da während des Krieges im Wiesental Kartoffeln und Gemüse angebaut worden waren. Das Amt des Abteilungsleiters und späteren Vorsitzenden übernahm der politisch unbelastete Goldschmied Alfons Kesenheimer. Der FV 1893 Ravensburg spielte in der Landesliga Gruppe Süd mit dem SV Weingarten, SpVgg Lindau, Olympia Laupheim, TSG Ehingen, VfB Friedrichshafen und FC Lindenberg.

Das Spielfeld im Wiesental stand 1948 wieder zur Verfügung. 1949 begann die Aera des neuen Vorsitzenden Eugen Maisch, dessen Motto „Mit neuem Mut vorwärts“ lautete. Maisch hatte ebenso engagierte wie treue Mitarbeiter um sich geschart, darunter Geschäftsführer Eppler, Hauptkassierer Josef Bernhardt, Jugendleiter Alfons Baier, Walter Zorell und Eugen Bucher. 1951 wurde das Spielfeld im Wiesental saniert, ein Kassenhaus und eine neue Holztribüne erbaut. Gegründet wurde von Kurt Eppler das „Mitteilungsblatt des FV“, das wenig später den Titel „Das Ravensburger Tor“ erhielt. Noch in den 50er Jahren entstand der Titel „Die Post vom Wiesental“, der 1984 vom damaligen Geschäftsführer und Pressereferent Markus Glonnegger mit der „Wiesentalpost“ wieder belebt wurde.

1951/52 wurde die 1. Mannschaft des FV 1893 Ravensburg Meister der II. Amateurliga Oberschwaben. Wenig später schaffte die Mannschaft den Sprung in die 1. Amateurliga und qualifizierte sich 1959/60 für die neue
Schwarzwald - Bodensee – Liga. Hähnel, Baur, Rupp, Kimpfler, Köhler, Heilig, Böllinger, Sprinz, Maas zählten zu den herausragenden Spielern, hinzu kamen Walter und Günter Hüttenhofer, Manfred Kohley, Siegfried Kuttruff und andere, die sich einen Namen machten als herausragende Spieler.

Nach der erfolgreichen Aera Maisch folgten Ludwig Güthner, Eugen Bucher und ab 1965 Siegfried Prasser als Vorsitzende des FV 1893 Ravensburg. Ihm zur Seite standen Geschäftsführer Ernst Knapp, der Spielausschussvorsitzende Horst Strobel sowie Jugendleiter Horst Marquardt. Nach dem Abstieg kehrte der FV Ravensburg 1968 wieder in die Schwarzwald – Bodensee – Liga zurück. Maßgeblich dazu beigetragen hatten Spieler wie Walter Gohl, Kreuchauf, Wieder, Fiedler, Corbet, Kuttruff, König, Kohley, Heimerdinger, Petrowski, Nemeth, Deters, Faiß, Lüth, die Torhüter Stojadin und Schimanski sowie weitere Spieler wie Hans Kodric, Andreas Klaric, Bauernfreund, Trox, Billmann und viele andere mehr, die an dieser Stelle nicht alle genannt werden können.

Die Amtszeit des Vorsitzenden Ernst Knapp (1970 – 1973) war geprägt vom Bau des neuen Vereinsheimes. Herausragender Spieler dieser Jahre war der Mochenwangener Hermann Ohlicher, der 1973
zum VfB Stuttgart wechselte, für den er 12 Jahre lang spielen sollte, davon sieben Jahre als Kapitän. 1973 wurde Heino Hieber neuer Vorsitzender, Peter Rinderknecht Geschäftsführer. Mit Spielern wie Peter Reusch, Harry Schwarz, Willy Abt, Hermann Straub, Max Sterk, Fritz Luib sowie Talenten wie Günther Messarosch, Axel Strehle und Joachim Bayer spielte der FV 1893 Ravensburg dauerhaft eine gute Rolle in der Schwarzwald – Bodensee – Liga.

Die Saison 1974/75 brachte das größte Unglück in der Vereinsgeschichte, als bei der Rückfahrt vom ersten Punktspiel gegen den TuS Metzingen der Omnibus der Ravensburger Spieler und Schlachtenbummler auf der Bundesstraße 312 zwischen Oberstetten und Pfronstetten verunglückte. Die beiden auf rutschiger Straße in den Unfall mitverwickelten PKW – Insassinnen Gertrud Eberle und Ilse Pfletschinger aus Reutlingen kamen dabei ebenso ums Leben wie der erst 20jährige Torschützenkönig der Schwarzwald – Bodensee – Liga, Joachim Bayer.

Den größten sportlichen Erfolg feierte der FV 1893 Ravensburg, als er sich 1978 für die neu gegründete Amateur – Oberliga Baden – Württemberg qualifizierte. Der höchsten Spielklasse der Amateure gehörte der FV 1893 Ravensburg unter dem neuen Vorsitzenden Peter Rinderknecht und Geschäftsführer Rainer Haschke bis 1983 an. Erfolgreichster Trainer war Hermann Schöttle; zu den wichtigsten Akteuren zählten Peter Reusch, Axel Strehle, Max Sterk, Eugen Bucher jun., Hermann Straub, Torhüter Rainer Schöbel, Willy Abt
und Günther Mattheis. Hinzu kamen Manfred Trox, Sigmund Radspieler, Erhard Ambs, Peter Thomann, Torhüter Walter Thier, Dieter Kees, Uwe Walser, Hans-Werner Vees, Jürgen Reichle, Torhüter Siegfried Klaese, Helmut Restle und Alwin Maucher. 1981 wurde die neue Tribüne fertig gestellt.

Der Zuschauerzuspruch im Wiesental hielt sich trotz der sportlichen Erfolge in Grenzen, die Mitgliederzahlen stagnierten, die Zahl potenter Sponsoren neben der Fa. Escher – Wyss blieb gering. Das Abenteuer
Oberliga endete 1983 mit einigen Missklängen und dem Weggang zahlreicher Spieler. Es folgten die Abstiege bis in die Landesliga, wo der Traditionsverein ab 1984 unter dem neuen Vorsitzenden Werner Gutekunst nur mühsam wieder Boden unter die Füße bekam. Ihm zur Seite standen Spielausschussvorsitzender Toni Nuss, Schatzmeister Winfried Rechtsteiner, Mannschaftsbetreuer Nikki Schwarz, Jugendleiter Horst Marquardt, Walter Zorell, Eugen Bucher, Rainer Haschke und Geschäftsführer Markus Glonnegger.

Mit bescheidenen Mitteln und zum Teil heftig kritisiert überstanden Funktionäre, Spieler und die Trainer Volker Gleich, Peter Billmann und Peter Thomann die folgenden Jahre. Den von Walter Zorell organisierten Bau des Jugendraumes sowie der neuen Toilettenanlage, die Erfolge der FV – A – Jugend und die Verpflichtung der Firma EBRA BRAUN als Sponsor verzeichnete Werner Gutekunst als wichtigste Leistungen seiner Amtszeit.

Im April 1987 trat das Dreigestirn Dieter Vogt (1. Vorsitzender), Frank Walser (2. Vorsitzender) und Kurt Schlecht (Geschäftsführer) mit ehrgeiziger Zielsetzung an die Spitze des Vereines. Bereits in der Saison 1988/89 stieg der FV 1893 wieder in die Verbandsliga auf unter Trainer Enzo Mauta. Großen Anteil an den sportlichen Erfolgen dieser Jahre und der folgenden Jahre hatte vor allem Torjäger Martin Ostermaier. Die neue Vorstandschaft hatte zielstrebig Verstärkungen aus dem Umfeld verpflichtet: Jürgen und Walter Hemmeter, Klaus Segelbacher, Franco Palumbo, Jürgen Kipper, Markus Wolfangel, Torhüter Manfred Scholz, Franz Mikulic, Andi Müller, Thomas Kytka, Alois Mock, Franco Jimenez, Gerard Micieli, Volkmar Hackbarth und Rainer Schmid gehörten dazu; aus den eigenen Reihen waren es Uwe und Ralf Müller, Dietmar Pfund, Torhüter Oliver Nothelfer, Jürgen Stuhler, Rainer und Rolf Lupschina, Ulrich Döbele, Peter Maier, Thomas Strobel, der reaktivierte Torhüter Fritz Dörrer und die erfahrenen Akteure Axel Strehle, Günther Mattheis und Eugen Bucher jun. sowie eine Reihe anderer Spieler.

Einen Rekordbesuch hatte es im Wiesental im Aufstiegsjahr gegeben: 4000 Zuschauer waren beim Derby gegen den VfB Friedrichshafen (2:0) am 18. März 1989 dabei. 1991 übernahm Frank Walser die
Führung des Vereines, 2. Vorsitzender wurde Georg Hiemeyer, Schatzmeister Josef Detzel, Jugendleiter Rudi Bazalka, Wolfgang Scheer wurde Nachfolger von Dieter Wörnert als Spielauschussvorsitzender. Einen erneuten Umbruch erlebte der Verein vor der Saison 1991/92. Michael Wohlfahrt wurde neuer Trainer, Spieler wie Martin Kronenberger, Mustafa Ari, Roland Stephan, Joachim Zimmermann, Ralf Breitwieser und Ali Büyükdag ersetzten Abgänge.

In der Jubiläumssaison 1992/93 lautete das Motto des neuen Trainers Peter Thomann „Fußball mit Herz“. Herzlich ging es auch zu, als eine Delegation aus der Partnerstadt Brest im Wiesental weilte. Nach dem
Abgang der Leistungsträger Ohannes Yardim, Dieter Steinhauser und Franco Jimenez ging der FV 19893 mit leisen Tönen in die Jubiläumssaison. Unterfrauner, Schober, Ternes, Topal und Ciosses hießen die Neuzugänge, am Ende belegte die Mannschaft einen hervorragenden 5. Platz in der Verbandsliga.
Das 100jährige Jubiläum wurde mit einer Reihe von Veranstaltungen begangen. Dazu zählte eine viel beachtete Ausstellung oberschwäbischer Künstler im Schwörsaal des Waaghauses (über 2000 Besucher), der Schussenpokal, ein Turnier der Stadt Ravensburg mit Patenverein FC Romanshorn, SV Oberzell, VfB Friedrichshafen, FV Bad Waldsee und Austria Lustenau, einem Pop-Konzert im Wiesental und dem Festakt im Oktober 1993 in der Eschachhalle.

IV  Die Geschichte des FV 1893 Ravensburg ab 1993

von Markus Glonnegger